Thomas Fischer im Interview über flexible Belieferungskonzepte

David: Guten Tag Herr Fischer, vielen Dank, dass Sie sich heute die Zeit nehmen, um mir im Rahmen meiner studentischen Abschlussarbeit im Fach „International Operations Management“ an der ESB Business School ein paar Fragen zu beantworten. Das Thema meiner Abschlussarbeit lautet „Wie kann Supply Chain Management in Deutschland nachhaltiger und gleichzeitig den Anforderungen an flexible Belieferungskonzepte wie Just-in-Sequence gerecht werden?“ Was kommt Ihnen als erstes in den Sinn, wenn Sie über Nachhaltigkeit in der Logistik nachdenken?

Thomas Fischer: Zu aller erst gilt zu differenzieren, in welchen Bereichen nachhaltig gewirtschaftet werden muss. Dies bezieht sich neben einer ökologischen und ökonomischen Orientierung auch auf eine soziale/ethische Ebene. Generell wird dieser Aspekt oft zu sehr vernachlässigt, da oft nur ökologische Aspekte oder langfristiges ökonomisches Wirtschaften beachtet werden. Bei Hans Fischer Logistics versuchen wir den Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit besonders hervor zu heben. Darunter unterscheide ich zwischen zwei Punkten. Zum einen geht es um eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit, damit wir unsere Mitarbeiter langfristig ans Unternehmen binde können. Zum anderen will ich eine hohe und langfristige Kundenzufriedenheit generieren, sodass unsere Mitarbeiter entsprechende Qualifikationen mitbringen müssen und auf effektive Kommunikation mit dem Kunden hingewiesen werden.

David: Interessant! Worauf genau achten Sie denn beispielsweise bei der nachhaltigen Mitarbeiter- und Kundenbindung?

Thomas Fischer: Wir sind sehr darauf bedacht eine effektive und langfristige Kommunikation mit unseren Kunden zu gewährleisten. Daher achten wir sehr darauf, dass unsere Fahrer im zwischenmenschlichen Bereich und der Kommunikation stark sind. Durch überdurchschnittlichen monetären Ausgleich sowie hohen Fahrtkomfort in unseren LKW’s versuchen wir unsere Mitarbeiter für den Job zu begeistern, unsere Ansprüche an die Fahrer zu kompensieren und somit auch langfristig ans Unternehmen zu binden. Wenn die Fahrer zufrieden sind, geben sie dies auch an den Kunden weiter.

David: Ihr Unternehmen besitzt generell den Ruf auf ökologischer Basis sehr nachhaltig zu sein. Wodurch zeichnen Sie sich dort aus?

Thomas Fischer: Die ökologische Nachhaltigkeit kann auch durch sehr viele verschieden Faktoren zum Ausdruck gebracht werden. Wir bei Hans Fischer Logistics achten beispielsweise sehr auf die Motoren und Reifen unserer LKW’s. Unsere LKW’s haben extrem gute Emissionswerte, sind auf Langfristigkeit ausgelegt und werden regelmäßig inspiziert. Des Weiteren achten wir in unseren Lagerhallen darauf Energie zu sparen durch fortschrittliche Technik in der Nutzung von Klimaanlage, Heizung, Isolierung und Regenwasser. Außerdem sind wir sehr trendbewusst und versuchen beispielsweise zu einem möglichst papierlosen Unternehmen zu werden, in welchem Transaktionen ausschließlich digital abgeschlossen werden. Unsere Fahrer sollen Lieferpapiere via Smartphone transferieren anstatt alles ausdrucken zu müssen.

David: Um auf die Nachhaltigkeit Ihrer LKW’s zurückzukommen, welche Faktoren gibt es neben Emissionswerten noch zu beachten?

Thomas Fischer: Diesen Punkt würde ich auch sehr gerne mit der ökonomischen Form von Nachhaltigkeit in Verbindung bringen. Je länger ein LKW genutzt werden kann, desto besser für uns, da die Fahrzeuge selbstverständlich auch hohe Investitionen mit sich bringen. Daher steht auch das Ziel, die LKW’s möglichst flexibel einsetzen zu können, im Vordergrund. Wir sind sehr überzeugt von der LKW-Form „Mega-Trailer“. Diese haben zwar bewiesenermaßen einen höheren Schadstoffausstoß, jedoch sind sie sehr flexibel einsetzbar. Die überwiegende Nutzung dieser Art ermöglicht es uns in vielen Situationen ohne Investments auszukommen, was sicherlich auch ein Aspekt von Nachhaltigkeit ist.

David: Vielen Dank für diese Erklärung. Um nun über flexible Belieferungskonzepte zu sprechen, würde ich Sie gerne kurz mit einer Problemstellung konfrontieren, mit der Sie sicherlich vertraut sind. Kundenanforderungen in allen möglichen Branchen werden immer spezieller und individueller. Hersteller müssen darauf reagieren und Ihre Produktion immer flexibler gestalten. Durch das Belieferungskonzept „Just-in-Sequence“ kann der Hersteller Waren in einer gewünschten Abfolge zu einer gewissen Zeit in einer bestimmten Menge geliefert bekommen. Durch wechselnde Kundenanforderungen werden die Mengen pro Lieferung daher immer kleiner und spezieller. Im Gegensatz dazu sollen Transporter immer höhere Mengen auf einmal transportieren, um weniger Fahrten fahren zu müssen und somit weniger Schadstoffe zu produzieren. Die Bundesregierung hat nun schon mit der Einführung der sogenannten Giga-Liner in bestimmten Regionen Deutschlands reagiert, um Fahrten einzusparen. Giga-Liner können durch große Ladeflächen viel mehr Waren transportieren als herkömmliche Sattelzüge. Wie können sich Speditionen dem anpassen, um beide Ziele zur gleichen Zeit zu erfüllen?

Thomas Fischer: Das ist richtig. Dies stellt tatsächlich viele Spediteure vor eine große Aufgabe. Allgemein gesprochen gibt das Straßennetz in Deutschland leider noch nicht die notwendige Kapazität her, um Giga-Liner bundesweit einsetzen zu können. Dieser Ausbau wird auch noch dauern und wird Giga-Liner daher daran hindern, eine vorzeitige Trendwende einzuleiten. Generell ist allerdings das Konzept der Distributionszentren bzw. Güterverkehrszentren in Deutschland noch weiter ausbaufähig. Anbieter solcher Zentren sollten sich mit mehreren Firmen zusammenschließen und jene Zentren in strategisch geschickten Lagen ausbauen. Somit können LKW’s mit großen Ladeflächen ausschließlich zwischen solchen Zentren Linie fahren. Kleinere Fahrzeuge können dann bedarfsgerechte Mengen schneller und flexibler zum Kunden transportieren. Somit kann verhindert werden, dass große LKW’s oft nur teilweise beladen in Innenstädte Fahren und Schadstoffe verursachen. Ganz besonders hervor zu heben ist das sogenannte Milkrun-Konzept mit welchem ich bereits gute Erfahrungen gemacht habe.

David: Wie lässt sich denn das Milkrun-Konzept erklären?

Thomas Fischer: Das Milkrun-Konzept wurde von der Milchjungen Liefer-Methode abgeleitet. Hierbei übernehmen Transport-Fahrzeuge die Belieferung von mehreren Lieferanten an einen Kunden. Strategisch sinnvolle Standorte, die nah beieinander liegen schließen Verträge ab und das Fahrzeug sammelt überall Ware ein, um diese dann zum selben Kunden zu bringen. Somit können sogar Waren von unterschiedlicher Herkunft individuell zusammengestellt werden, um somit „Just-in-Sequence“ beliefern zu können. Das Konzept setzt selbstverständlich viel Kommunikation, Planung und Partnerschaft voraus, jedoch ist der generierte Vorteil durch diese Liefermethode unglaublich. Es können viele Fahrten eingespart, Kundenzufriedenheit generiert und alles in allem eine ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit gesichert werden.
Generell gilt es immer die Transportwege so kurz wie möglich zu halten, dabei so stark wie möglich ausgelastet zu sein, um einen Fixkostendegressionseffekt zu erzielen und dabei den Kunden zufrieden zu stellen.

David: Lieber Herr Fischer, vielen Dank für diese wichtigen Inputs. Ich bedanke mich für Ihre Zeit und Unterstützung!